Er redet von Simpsons, unserem Finanzamtheini.
In meinen Augen ist es doch sinnvoller eine Partei ohne Programm zu wählen, denn so wähle ich überhaupt und verweigere den anderen Parteien meine Stimme.
Gar nicht wählen bewirkt auch gar nichts.
Auch wenn ich mich frage, wieso du im letzten Satz das Wort "auch" benutzt, was ja eig schon suggeriert, dass sämtliche deiner Methoden nichts bringen, du ergo Würfeln könntest, ist der letzte Satz ein interessanter Aspekt.
Bringt "Nichtwählen" wirklich gar nichts? Wenn man es mit Downs Rational-Choice-Theorie betrachtet, wäre nicht wählen zu gehen sogar die einzig sinnige Option (Weil Kosten des Wahlgangs im Vergleich zum erwartenden Nutzen aufgrund des minimalen Stimmenanteils zu groß sind).
Betrachten wir die Legitimation, die die Wahlen ja ausdrücken sollen, sehen wir ins Extreme gezogen sogar was ganz interessantes: Die Wahlbeteiligung würde auf wenige 20% zurückgehen (fiktive Zahl, Stammwähler der einzelnen Parteien. Die Zahl ist in Wahrheit sicher größer, daher nochmal: fiktiv), extreme Parteien ziemlich stark werden, vermutlich sogar in den Bundestag einziehen.
Sind jetzt mehrere Punkte, die ich mal fortführen werde, bei Fragen/Kritik/Intscher Prosa gerne was schreiben:
Nehmen wir die Legitimation der Regierung durch Wahlen an sich und die Koppelung an der Wahlbeteiligung zuerst.
Generell ist nirgendwo festgelegt, dass ab einer bestimmten Wahlbeteiligung die Legitimation durch die Wahlen nicht mehr gegeben ist, es ist also THEORETISCH davon auszugehen, dass selbst bei 0,5% Wahlbeteiligung die Regierung dazu legitimiert ist, zu herrschen.
Eine sinkende Wahlbeteiligung jedoch, die sich in solchen Extremen bewegt ist schon deswegen unrealistisch, weil durch eine Nichtwahl auch immer eine zumindest tendenzielle Ablehnung gegen das gegenwärtige System ausgedrückt wird. Man kann bei 0,5% also davon ausgehen, dass wir bereits die Politiker an ihren Schlipsen im Bundestag aufknüpfen.
Selbstverständlich gibt es den lethargischen Nichtwähler, der Sonntagmorgens nicht wählen gehen möchte, aber eben auch das ist eine Form von tendenzieller Abneigung. Wieso ist der denn so lethargisch, wieso ist es ihm nicht Wert, jetzt morgens aufzustehen, im strömenden Regen rauszugehen, etc.? Da gibt es einige Untersuchungen zur Politikverdrossenheit, die zeigen, dass eben der downsche Ansatz ala "bringt doch eh nix, ob ich wählen geh oder nich" sehr hoch im Kurs steht.
Immer im Hinterkopf sollte man sich aber bei aller Kritik an sinkender Wahlbeteiligung bitte behalten, dass wir eine - im internationalen Vergleich - enorm hohe Wahlbeteiligung haben.
Kurz: Sinkende Wahlbeteiligung drückt eine schöne Unzufriedenheit mit dem System aus. Je niedriger diese ist, desto mehr realer Druck wird auf die Politik ausgeübt, die Politiker müssen Gegenstrategien entwerfen, denn schließlich wollen sie ja gewählt werden. Der Krieg um Stimmen in der Politik wird nämlich um die unentschlossenen Wähler (Wechselwähler und Nichtwähler; dies ist nicht politikwissenschaftlich nicht korrekt, dient hier aber der Vereinfachung) geführt, nicht um die Stammwähler. Wie motiviert man also die wachsenden Nichtwähler dazu, wählen zu gehen? Das sind Fragen, denen sich die Politiker dann verstärkt ausgesetzt fühlen. Nichtwahl würde ich persönlich sogar als stärkstes Wahlmittel der Bevölkerung ansehen, aber das ist persöhnliches "aus-dem-Fenster-Lehnen".
Jetzt die Randparteien. Werden die immer stärker? Prozentual gesehen, definitiv, in den Bundestag werden sie also bei unserem fiktiven Szenario schonmal kommen. Aber was erwartet die da? Die "großen" Parteien haben prozentual gesehen mehr Stammwähler, ergo mehr Sitze, ergo werden die Randparteien eine ziemlich geringe "Macht" im Bundestag sein.
Nehmen wir einfach mal spaßeshalber an, die NPD ist jetzt demokratisch gewählte (hier musste ich schmunzeln) und alleinige Regierungspartei. Über 90% des Bundestagshaushaltes sind bereits fest verplant (Quelle: Rudzio: Das politische System Deutschlands), mit den übrigen Mitteln muss die NPD erstmal zuschauen, dass sie überlebensfähig bleibt, bevor sie große Mätzchen machen kann. Eine Ideologisierung, wie sie vor ein paar Dekaden der Fall war, seh ich in der Bevölkerung weiß Gott trotz all dem medial vermittelten "Ausländerhass" in der Bevölkerung auch nicht.
Dei größte Gefahr der NPD als Regierungspartei wäre demnach in meinen Augen zumindest, dass wir durch die auf kurz oder lang bankrott gehen. Ende.
Dieses Getue um "aber dann werden die Randparteien so stark" sehe ich also summa summarum als maßlose Panikmacherei an.
Nun mal ein paar Takte zu den "dummen, faulen Nichtwählern". Eine Studie von 2006 hat gezeigt, dass eine immer größer werdende Gruppe von Nichtwählern nicht aus den politisch uninteressierten Leuten aus der unteren Schicht besteht, sondern aus politisch interessierten, meist aus Akademikerhaushalten stammenden, Menschen, die mit dem gegenwärtigen System unzufrieden sind. Bevor hier ein paar Personen aus Angst vor Schreckgespenstern wie "Kommunismus", "3. Reich" und "Anarchie" losjaspen: Das bedeutet nicht mehr als dass sie sich eine (wenn auch recht tiefer gehende) Änderung im gegenwärtigen System wünschen. Das kann z.B. einfach "nur" ein verändertes Wahlsystem sein. Dieser "neuen" und immer stärker wachsende Gruppe kann man wohl weniger vorwerfen, das System nicht durchdrungen zu haben. Sie haben es vllt sogar zu gut verstanden.
Kurzum: Ich bin begeisterter Nichtwähler. Und mir bringt es was.