Dorieus:
Konservative sind rechts, aber nicht jeder Rechte ist ein Konservativer.
Bist sicher genauso verwirrt wie bisher, aber das soll nur verdeutlichen, daß "rechts" ein Oberbergriff für etwas ist. Links z.b. wird dementsprechend der Oberbegriff einer entgegengesetzten politischen Richtung im politschen Spektrum sein. Die Bezeichnungen 'rechts' und 'links' waren einmal auf die Sitzverteilung im Parlament der Weimarer Republik gemünzt, mehr nicht. Links die SPD, rechts die Monarchisten.
Die heute größten Unterschiede zwischen rechts und links möchte ich mal herausheben:
Links geht man davon aus, daß alle Menschen mit den gleichen Fähigkeiten geboren werden. Jeder könne das Gleiche aus sich machen, wie ein anderer. An einem praktischen Fallbeispiel (Bildung) wirst Du merken, was ich damit meine: Europa wächst zu einem großen Markt zusammen, bei dem auch die Arbeitskräfte als Ware behandelt werden, nämlich als Human Ressources. Um sich als Ware auf dem Arbeitsmarkt besser zu vermarkten muß man Qualifikationen sammeln, wie etwa eine Ausbildung oder ein Studium. Bisher hatte jedoch ein deutsches Diplom in Europa einen höheren Stellenwert, als etwa eins aus Polen. So ist man - dem linken Zeitgeist sei "Dank" - bemüht, Erwartungen an einen Hochschulabschluss herunterzudrehen, damit ein deutscher Hochschulabschluß kein Privileg mehr ist - man kann jetzt sowas wie einen "Bachelor" machen, der europaweit die gleiche Anerkennung findet, egal wo Du ihn gemacht hast. Kurz: Man setzt linkerseits vereinheitlichte Maßstäbe und geht davon aus, daß dies der Realität und den Bedürfnissen der Menschen angemessen sei.
Anderes Beispiel: In der Schule wird das Zentralabitur eingeführt und man drängt linkerseits auf die Einheitsschule. Während Rechte die Positionen vertreten, daß jeder Mensch unterschiedlich starke Fähigkeiten hat, ist man dort bemüht Eliten, also überdurchscnittlich Begabte, zu fördern, etwa durch ein dreigliedriges Schulsystem samt Gymnasium. So lehnt man auf rechter Seite bis heute die Einheitsschule ab, da man davon ausgeht, daß höher Begabte auf bspw. einem Gymnasium mehr gefordert und gefördert werden können, als täte man sie mit Gleichaltrigen unterschiedlicher Begabung in eine Klasse zusammen. In Bayern, einem eher konservativ gepflegtem Land, kann man dabei beobachten, daß zwar prozentual weniger Menschen das Abitur erreichen, dennoch die Werte der PISA-Studie an Europas Spitze zu finden sind. Somit kann man in der Tat behaupten, daß ein Abitur in Bayern noch aussagekräftiger ist, als ein Abi in Berlin, welches sogar Trottel wie ich hinterhergeworfen bekamen.
Auch wenn Berlin die Einheitsschule noch nicht eingeführt hat, aber immerhin mit ihr experimentiert...
Kurz: Während Rechte eher 'elítär' ausgerichtet sind und meiner Auffassung nach die naturgegebenen Unterschiede akzeptieren, sind Linke als 'egaliär' zu bezeichnen, die die Gleichheit Aller für ihr ideologisches Fundament einfach festlegen und gegebene Unterschiede einfach leugnen bzw. die Stufen der Unterscheidbarkeit einfach relativieren bzw. einebnen.
Desweiteren halten Rechte an der Nation als Lebensgrundlage aller Völker fest. Sie erkennen die Unterschiedlichkeit der Völker an und empfinden es nur als gerecht, wenn jedem Volk soviel Souveränität gewährt wird, daß es seine Nation und seinen Rechtsstaat seinen kulturellen, geistigen und spirituellen Bedürnissen entsprechend selbst ausgestaltet. Linke dagegen streben einen Internationalismus an. Eine Welt ohne Grenzen in der jeder Bürger Freizügigkeit genießt und in dem die Bindung zu einer Nation keine Rolle spielt.
Während Linke ihre Haltungen als fortschrittlich bezeichnen, weil sie von alten - meist aber auch etablierten - Mustern und Denkweisen abweichen, bezeichnen sich viele Rechte eher als 'konservativ'. Sie wollen Bewährtes 'konservieren' / erhalten und machen dies mit dieser Selbstbezeichnung deutlich.
Ein eher konservativ eingestellter Autor namens Joachim Fernau schrieb dazu einmal:
Man nennt mich (richtiger: schimpft mich) konservativ. Das stimmt, wenn man darunter einen Mann versteht, dem das Bewahren des Vernünftigen und Guten im Geistigen ebenso wie im Alltäglichen wichtiger ist als das Ändern um des Ändern und das Verwerfen um des „Fortschritts“ willen und der nicht um jeden Preis „in“ sein will, wie man heute zu sagen pflegt. In allen Büchern habe ich mich bemüht, wahrhaftig und unabhängig im Denken zu sein....
Das kann ich so unterschreiben.
Alain de Benoist - ein Vordenker der französischen "Neuen Rechten" (Nouvelle Droite) - beschreibt den Sachverhalt so:
„Ich nenne hier - aus reiner Konvention - die Haltung rechts, die darin besteht, die Vielgestaltigkeit der Welt und folglich die relativen Ungleichheiten, die ihr notwendiges Ergebnis sind, als ein Gut und die fortschreitende Vereinheitlichung der Welt, die durch den Diskurs der egalitären Ideologie der seit zweitausend Jahren gepredigt und verwirklicht wird, als ein Übel anzusehen.“
Dennoch differenziert er:
„Im Gegenteil, es gibt zahlreiche Ungleichheiten, die ganz und gar ungerecht sind.(...) Ich billige keinerlei Kastenprivileg. Ich mache die Chancengleichheit zu einer Forderung jeder Sozialpolitik. Ohnehin heißt eine antiegalitäre Lebensauffassung zu vertreten nicht, die oft verabscheuungswürdigen Ungleichheiten verstärken zu wollen (...).“
Chancengleichheit und Ungleichheit existieren für ihn also unabhängig voneinander, d.h. eins darf das andere nicht streitig machen.
Was aber jeder für sich selbst mit auf den Weg nehmen sollte:
„Ich sehe rechts wie links Ideen, die dem entsprechen, was ich denke... Die Wörter sind schließlich nicht die Dinge selbst.“
Übrigens kann man Dir keinen Vorwurf machen, wenn Du sagst:
in meinem Kopf das Klischee links = gut, rechts = böse
Dazu blick Dir doch einfach mal unsere Parteienlandschaft an. Drei linke Parteien, eine liberale Partei und eine CDU die ihr christlich-konservatives Menschenbild doch längst ad acta gelegt hat und sich dem linken Zeitgeist längst angepasst hat. Es ist in unseren Parlamenten keine Partei vertreten die noch ein rechtes Profil aufzuweisen hat. Daß man dieses Parteisystem als asymmetrisch aburteilen kann sollte klar sein. Dies ist jedoch auf einen langen Prozess zurückzuführen, den ich ja bereits angeschnitten habe, nämlich der Unterwanderung unserer Institutionen, wodurch bestimmte Gruppen eine Deutungshoheit über Begriffe erlangt haben, die es ihnen einfach macht unliebsame Kontrahenten einer politischen Kategorie zu diskreditieren, indem sie einfach die komplette 'pol. Kategorie' so umdeuten, daß sie für den Normalbürger unattraktiv wirken. So haben zum einen die Republikaner bis zu ihrem politischen Tod (der zwar offiziell noch nicht eingetreten ist) trotz Abgrenzungsbeschluss zu allen extremistischen Organisationen einen jahrelangen Rechtskampf geführt, damit sie nicht vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft werden, wie es der VS getan hat, bzw. meinte rechtsextreme Tendenzen erkannt zu haben. Über ein Jahrzehnt führte auch die Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT einen solchen Rechtskampf. Beide mit Erfolg, beide werden nicht mehr im Verfassungsschutzbericht erwähnt. Diese Fehler des VS hat ein Urteil des Bundesgerichtshofs zwar ausgemerzt, der Eindruck bei den Menschen bleibt jedoch und somit kann man beiden, Zeitung und Partei, ein Handicap attestieren, nämlich jenes, daß sie als 'das Böse' unserer Zeit aufgefasst werden, da sie von einer Institution über Jahre falsch behandelt wurden. Sie sind 'rechts' bzw. 'konservativ', repräsentieren also einen legitimen Teil des demokratischen Spektrums - wenn auch den am Rand (was eigentlich gar nichts zu sagen hat). So hat es ihnen der BGH letztlich attestiert - wenn auch zu spät, da der bittere Nachgeschmack bleibt. Wie man sieht, werden auch hier im Forum solche Positionen mit Extremismus und Rassismus vermengt...