Das Problem ist, dass sich die Frage nach der Existenz Gottes niemals stellt, außer von Gläubigen.
Deshalb muss ein Atheist einen Unglauben auch niemals begründen, Ende der Geschichte. Zugegeben, viele machen den Fehler, es trotzdem zu versuchen.
Du scheinst Atheismus für die Behauptung zu halten: "Ich kann beweisen, dass es keinen Gott und keine Hinterwelten gibt". Das stimmt so aber nicht, Atheismus ist keine Position zu Gott, sondern die Abwesenheit einer Position zu Gott. Eine Position wird daraus überhaupt nur als Gegenposition zur Metaphysik. Das heißt: Nur in den Augen der Metaphysik. Denn während die Metaphysik sich durchaus mit dem Atheismus beschäftigen muss, muss der Atheismus sich keinesfalls um Metaphysik bemühen.
Ein Atheist kann seinen "Nichtglauben" auch nur mit der Phrase begründen, er glaube nicht daran, weil die Naturwissenschaft etwas anderes indiziere.
Nee, die Naturwissenschaften deuten nicht darauf hin, dass es keinen Gott gibt. Es deutet nur nichts darauf hin, dass es einen Gott gibt. Immer dann, wenn man denkend ein Problem erkennt und es erst theoretisch erklären, dann praktisch etwas verändern will, dann kann man Wissenschaft betreiben und sich mit der Sache befassen und entweder man findet einen Weg, mit ihr umzugehen oder aber nicht.
Die Annahme der Notwendigkeit einer Metaphysik kommt dabei schlicht und einfach niemals raus, die einzigen Umstände, unter denen man sich überhaupt mit der Frage nach Gott oder sonstigen Hinterwelten beschäftigen muss, ist, wenn diese Frage von Leuten, die sich irgendetwas nicht erklären können, aufgeworfen wird.
Die Naturwissenschaft braucht schlicht und ergreifend keine Metaphysik, das heißt aber nicht, dass sie ein Ersatz für Metaphysik wäre. Wissenschaft beweist sich zum Beispiel in der Industrie, das Urteil einer Metaphysik, ob diese Wissenschaft überhaupt möglich ist, ist dabei vollkommen gleichgültig. Die ganze Debatte kann gestrost ignoriert werden und Naturwissenschaft liefert trotzdem noch genau das was sie kann und wofür man sie braucht. Zum Beweis der Existenz oder Nichtexistenz einer Hinterwelt braucht man Naturwissenschaft eben ganz und gar nicht, sie verhält sich demgegenüber komplett gleichgültig.
Agnostizismus ist das übrigens nicht, das ist Atheismus. Ich sage nicht: "Die Naturwissenschaft kann nicht herausfinden, ob es Gott gibt, deshalb kann es schon sein, dass es ihn gibt", stattdessen sage ich: "Ich glaube nicht an Gott und ich stoße auch gar nicht auf das Problem, ob es ihn geben könnte."
Und ja, auf die innere Logik der jeweiligen metaphysischen Vorstellung muss man sich dabei dann auch wirklich nicht einlassen. Wenn man in der Metaphysik widersprüche erkennt, dann bügelt der Gläubige die eben aus.
Übrigens, der Beweis, dass Naturwissenschaft überhaupt nichts mit Metaphysik zu schaffen hat, ist, dass Naturwissenschaftler ganz mühelos auch Metaphysiker sein können. Ein gläubiger Naturwissenschaftler und ein nichtgläubiger Naturwissenschaftler betreiben ihre Forschung ganz und gar identisch und während die forschen und etwas über die Natur herausfinden, spielt die Frage, ob ihr Wissen denn überhaupt absolutes Wissen ist gar keine Rolle. Und wenn sie herausfinden wollen, ob die eine oder andere Erkenntnis denn wirklich eine ist oder ob man sich nicht vielleicht irrt, dann prüft man das an der Sache und nicht indem man die Möglichkeit von Wissen überhaupt untersucht.
Zugegeben, es gibt Materialisten, die tatsächlich einfach nur eine materialistische Ontologie an die Stelle einer anderen und dabei irgendeine "Materie" als erstes setzen Ja, solche Philosophien gibt's, aber die sind wirklich unheimlich irrelevant und auch solche komischen Formen von
Glauben an die Erkenntnis und Glauben an die Materie ändern rein gar nichts am Beweis der Erkenntnisse der Naturwissenschaften in der Praxis. Die Frage, ob jetzt die Materie oder irgendein kosmisches Prinzip das Erste sind, hat übrigens noch nie in der Geschichte der Wissenschaft entscheiden können, ob irgendeine wirkliche Erkenntnis nun richtig oder falsch ist. Noch ein Grund mehr, warum ein Atheist sich mit der Frage wirklich schlicht und einfach nicht abgeben muss, sondern nur der Gläubige.
Wenn ich erstmal Modelle als weder falsch noch richtig betrachte, sondern als genau das was sie sind - nämlich Modelle -, dann komme ich auch nicht zu dem Fehlschluss, sie seien die Realität.
Weil die Modelle also nicht identisch mit der Realität sind, sollen sie nicht mehr richtig oder falsch sein können?
Dass Modelle identisch mit der Realität wären, wird doch wirklich kaum von jemandem behauptet. Und sie müssen es auch gar nicht sein, um richtig oder falsch zu sein. Wären Modelle identisch mit der Realität, könnten sie ja sowieso nur richtig sein, dann wäre ein falsches Modell unmöglich - so einen Begriff von Modell hat doch nun wirklich niemand. Wenn ich zum Beispiel ein Modell von einem Tier habe und in diesem Modell kommen Zellwände aus Cellulose vor, dann ist das sehr wohl ein falsches Modell.
Wo kommt überhaupt diese Notwendigkeit her, dass Modell und Realität identisch sein sollten? Wer fordert so etwas?
Ich schreibe hier ja auch mit "(self)-conscious/aware-beings", die glauben, dass sie eigentlich gar nicht wirklich existieren und darum werden sie auch dementsprechend "sauer", wenn das angesprochen wird.
[...]
Oder haben etwa die Atome deines Körpers sich dazu entschieden, du zu sein?
Bist du nicht an anderer Stelle gegen psychologistische Widerlegungen?
Du argumentierst an der Stelle nicht gegen Materialismus, sondern gegen Reduktionismus.
Warum glaubt denn hier irgendjemand, er würde nicht existieren?
Auf die Idee, die eigene Existenz beweisen zu wollen, kommen wieder nur Philosophen, aber niemals Leute, die Wissenschaft betreiben.
Und nun denke mal kurz nach: Warum eigentlich wählen wir einen griechischen Begriff, um den vermeintlichen Götterglauben weitaus älterer bzw. unabhängiger Kulturen zu definieren? Etwa, weil die Griechen DAS älteste Volk der Welt sind, oder sie aus erster Hand wussten, WAS da in den älteren Überlieferungen beschrieben wurde? Nein, weil sie ihnen unverständliche Inhalte interpretierten, und das nachweislich falsch (sprachwissenschaftlich bzw. etymologisch).
Die Etymologie kannst du vergessen wenn du die Bedeutung einer Sache erschließen willst, Enis Argument zieht natürlich aus genau dem Grund auch nicht.
Die Herkunft eines Wortes kann etwas darüber verraten, was die Leute, die den Begriff zuerst geprägt haben, sich unter einer Sache vorgestellt haben, aber über die Sache sagt das Wort, das sie bezeichnet, gar nichts aus.
Das heißt aber nicht, dass man mit Worten als Begriffen nichts aussagen könnte, nur, das Material für die Schlüsse ist eben nicht das Wort, sondern die Sache.
Du verwechselst Wort und Begriff übrigens recht konsequent. Daraus, dass es im ägyptischen keine Vokale gibt, folgt überhaupt nicht, dass "der Begriff neteru" falsch ist.
Zu sagen, man wäre ein atheistischer Christ, ist genauso sinnvoll wie zu sagen, man wäre ein kommunistischer Kapitalist.
Atheistisches Christ ist wirklich Quatsch, aber kommunistischer Kapitalist keinesfalls. Man kann auch Kapital besitzen und trotzdem von der Revolution überzeugt sein, Kommunist zu sein, heißt doch nicht, dass man sich unter den gegebenen Umständen nicht an der Konkurrenz beteiligt und lieber ein Leben im Dreck führt.
Wenn man allerdings ein Atheist ist, aber die christliche Moral und Ethik befürwortet, dann gibt es dafür auch eine akurate Bezeichnung; nämlich "Humanist".
Ich hoffe nur, dass du Kommunisten und Materialisten nicht auch noch unterstellen willst, wir wären Humanisten.