Puh, wenn man sich hier ein halbes Jahr zu spät einklinkt, hat man ganz schön was zu lesen und aufzuholen...
/edit im Nachhinein: Sorry, ist ne Menge Text geworden, aber bitte lest ihn trotzdem, um meinen Standpunkt im weiteren Verlauf der Diskussion verstehen zu können.
Zunächst mal, ich betrachte mich als Christ, demzufolge glaube ich an Gott, Jesus und seine Auferstehung, an die Wahrheit der Bibel, an die Schöpfungsgeschichte (allerdings bedingt und nach eigener Auslegung...) sowie an den Widersacher Gottes (welche Namen man dafür auch benutzen mag), das "Letzte Gericht" und an ein (ewiges) Leben nach dem Tod. Allerdings bin ich keineswegs ein "Fundamentalist" (ja ich hab auch den anderen Thread gelesen.
), sondern offen für andere Sichtweisen und begegne anderen Menschen im Regelfall mit der Toleranz, die sie auch mir entgegenbringen, anstatt über andersdenkende abfällig zu urteilen.
Falls euch das nichts ausmacht, gehe ich Stück für Stück auf ein paar für mich wichtige Stellen der Diskussion ein.
kajaktiger schrieb:
Gibt es einen Gott und wie ist dieser beschaffenen?
[...]
Allerdings weiss, oder glaube zu wissen, dass es keinen allmächtigen gibt und geben kann, da dieser allmächtige Gott in der Lage sein müsste alles zu erschaffen und alles zu zerstören, da er entweder nichts erschaffen kann, was er nicht selber zerstören kann, oder etwas nicht zerstören kann, weil er etwas unzerstörbares erschaffen hat.
Cooles, philosophisches Problem. Gefällt mir sehr gut. Ich will mal versuchen, dir darauf von meinem Standpunkt aus eine Antwort zu geben.
Ich glaube an einen ewigen, allwissenden und allmächtigen Gott. Dieser Gott
könnte in der Tat alles erschaffen und auch alles zerstören. Dadurch hebt sich allerdings das "Unzerstörbare" für ihn auf, denn er kann ja ALLES zerstören - theoretisch. Dies widerspricht sich in meinen Augen nicht, weil der Begriff für ein "Wesen" wie Gott nicht existiert.
Viel interessanter fände ich die Frage, ob Gott sich selbst zerstören kann.
Darauf habe ich aber bisher noch kein Ergebnis.
Don_Erim schrieb:
[...]
Glauben ist etwas was für mich absolut entbehrlich ist, etwas das für mich total unpassend in unserer Zeit ist. Meiner Meinung nach brauchen nur schwache Mnschen den Glauben um sich aus Tiefs wieder hochzuziehen oder um irgendeine Aufgabe im Leben zu finden. Für mich ist das nichts, aber jedem das Seine.
Also ich halte mich eigentlich nicht für einen besonders schwachen Menschen und ich "benötige" den Glauben auch nicht nur in Tiefs. Gerade in "unserer Zeit" ist es nämlich garnicht so einfach, sich als Christ zu outen und mit einer solchen Einstellung akzeptiert zu werden. Ich kenn da jetzt keine genauen Zahlen, aber ich könnte mir vorstellen, dass von den 15-30 Jährigen vielleicht 25 % einen echten religiösen Glauben haben und praktizieren - mehr auf keinen Fall, eher weniger! Und in der breiten Masse aus Intoleranz, Spott und Ablehnung seine Stellung zu halten und sich selbst nicht zu verlieren, ist sicher nichts für "schwache Menschen".
Ohne dir zu nahe treten zu wollen, Don_Erim, aber deine scheinbare Toleranz ("...aber jedem das Seine.") passt nicht wirklich mit den abwertenden Aussagen "total unpassend" und "schwache Menschen" zusammen.
Hmm, ich stelle fest, es gibt zu viele wichtige Stellen um sie alle zu kommentieren, deshalb gehe ich mal nach groben Themen vor.
Zum Missionieren:
Hier müsste man definieren, was noch unter "anderen seine Meinung nahebringen" fällt und wann "Missionieren" anfängt. Missionieren finde ich komplett sinnlos, denn was bringt es denn, wenn ich jemandem meine Bibel auf den kopf haue und ihn tausendmal anbrülle: "Glaub daran!", derjenige will, dass ich aufhöre, ihn zu hauen und sagt: "Okay, ich glaub alles, was du sagst, aber tu das blöde buch weg!", ich denk mir: "hah, wieder einen bekehrt!" und dreh mich um und im nächsten Moment hat er wieder vergessen, was ich ihm erklärt hab. Versteht mich nicht falsch, ich weiß schon, dass die Bibel im Neuen Testament dazu aufruft, die "Frohe Botschaft" in alle Welt zu bringen und vom Prinzip her finde ich das auch richtig, wenn z.B. ADRA (
www.adra.org ) nach Afrika fährt, den Leuten dort hilft, nebenbei ihren Glauben praktiziert und auch Kapellen baut, damit die Menschen dort - wenn sie wollen! - an Gottesdiensten teilnehmen können!
Ich für mich persönlich versuche eher den christlichen Glauben durch "Vorleben", also durch (nach meinem Maßstab) vorbildliches Verhalten (z.B. in Sachen Menschlichkeit, Toleranz, Nächstenliebe, Vergebung...) zu demonstrieren, ohne mich jedoch aufzudrängen oder künstlich zur Schau zu stellen.
Ein weiterer, mir sehr wichtiger Punkt:
Verallgemeinert bitte nicht a) alle Religionen, b) alle christlichen Konfessionen und c) erst recht nicht alle Christen!
Ich find die aussage gerade nicht wieder, ich meine, sie war in dem andern Thread, aber irgendwer meinte sowas wie "ich hasse die katholische und evangelische kirche" usw., im Sinne von "alle Christen sind ******e" - und sorry, bei sowas fang ich echt an zu kochen! Da fühl ich mich persönlich angegriffen.
Gar keine Frage, die katholische Kirche hat ne Menge Dreck am Stecken... (man könnte auch sagen: der Stecken
besteht aus dreck!), aber meiner ansicht nach hat diese auch mit dem wahren Christentum nicht mehr viel zu tun. Allein die Existenz des Papstes ist strenggenommen Blasphemie, denn wo in der bibel hat jesus bitte gesagt: "Ich brauche einen Stellvertreter auf der Erde, während ich nicht da bin, der das Volk knechten, ausbeuten und verarschen kann!"??? Der Katholik, der mir das nachweisen kann (wohlgemerkt, in einer Bibelübersetzung, die so eng wie möglich an den hebräischen Originalen angelehnt ist und nciht von einem alten Mann mit komischer Mütze umgeschrieben wurde!), hat meinen Respekt. Aber zurück zum Thema: Ich stimme mit den meisten ansichten der kath. Kirche kein Stück weit überein und auch bei manch anderen Konfessionen bin ich doch sehr skeptisch (z.B. Jehova's Witnesses, Mormonen...) - aber hey, ich bin auch Christ!
Ich verurteile auch Sachen wie Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverbrennung,
Ablassbriefe, Kriege, die im Namen des Christentums geführt werden (Hello Mr. Bush!), das Augenverschließen vor den Naziverbrechen oder auch aufgezwungene Kreuze in Klassenzimmern auf's Schwerste - aber hey, ich bin auch Christ!
Ich zahl keine Kirchensteuer, hab in meinem Leben noch nie gebeichtet (im Sinne der RK Kirche), hab kein Kreuz mit Jesusfigur dran hier stehen, ich hab tollen Sex mit meiner Freundin, obwohl wir nicht verheiratet sind (und ich benutze guten Gewissens Kondome!) - aber hey, ich bin auch Christ!
(So, jetzt hab ich mich "abreagiert", hoffe, jeder hat meinen Standpunkt verstanden.
)
Noch ein Punkt:
ichbinbatman schrieb:
Glauben ist gefährlich, wenn er dazu führt, Fragen nicht mehr zu stellen.
Dadurch dient Glauben in unserer Welt in erster Linie der Schaffung von Untertanen.
Aber was ist mit dem Ursprung des Glaubens? Existiert ein Gott? Selbst wenn, ist es einfach ohne jede Konsequenz. Eine Diskussion der Art "Gibt es einen Gott?" ist überflüssig, da es keine logische Argumentationskette gibt, mit der man die Existenz etwas beweisen kann, das per Definition nicht greifbar ist.
Ich wage mal die These: Alles, was einem von anderen beigebracht wird, ist gefährlich, wenn es dazu führt, dass man aufhört, Fragen zu stellen - unabhängig davon, ob es in Bezug zu einer Religion steht oder einen z.B. politischen Aspekt beinhaltet.
Zu der Sache, ob Gott existiert: Du wirst mir auch nicht beweisen können, dass es Gott
nicht gibt, denn hierfür wirst du auch keine "logische Argumentationskette" finden - so gesehen können wir uns nunmal bestenfalls auf ein "Unentschieden" einigen. Hier kommt der Aspekt "Glaube" ins Spiel. Ich rede jetzt nicht vom christlichen Glauben, sondern vom Glauben (an etwas) allgemein. Wenn du an den Urknall und die Evolutionstheorie glauben möchtest, tu das. Wenn du an die Abfolge unzählbarer Zufälle, die für die Entwicklung von Einzellern zu homo sapiens' verantwortlich ist (auf Basis einer extrem niedrigen Wahrscheinlichkeit!), glauben möchtest, tu auch das. Und wenn du glauben möchtest, dass die Welt eine Scheibe ist, die auf dem Rücken von vier Elefanten liegt, die wiederum auf dem Panzer einer gigantischen Schildkröte stehen, die sich unendlich langsam ihren Weg zum Ende des Universums sucht, glaub meinetwegen auch das!
Beanspruche jedoch nicht für dich, die absolute Wahrheit zu kennen - genauso, wie du anderen Glaubensmodellen (sprich "Weltreligionen") ihren absoluten Wahrheitsanspruch nicht zugestehst.
Solange dich dein Glaube nicht davon abhält, dich auch mit anderen Ideen kritisch auseinanderzusetzen ("Fragen nicht mehr zu stellen"
) und mit ihre Vertreter nicht auf Grund solcher abwertend beurteilst, habe ich keine Einwände!
Womit ich bei de für heute letzten Punkt bin:
Wer von euch hat sich denn schonmal wirklich intensiv mit dem Christentum auseinandergesetzt?
Wer von euch hat denn schonmal die Bibel gelesen, mehr als ein paar Absätze, mehr als nur die Zitate, über die sich auf diversen websites lustig gemacht wird, vielleicht sogar mal verschiedene Übersetzungen verglichen oder über unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten nachgedacht?
Wer von euch hat sich schon mit Geistlichen über ihren Glauben unterhalten und sich erklären lassen, WAS eine Kirche im einzelnen so lehrt, was die Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten zwischen den Konfessionen sind?
Außer shekk und eventuell noch kajaktiger und ichbinbatman, die sich wohl schon mehr oder weniger intensiv mit sprituellen Themen beschäftigt haben, kommt es mir so vor, als wüssten viele nicht wirklich, wovon sie reden - schlimmer noch, was sie da (teilweise heftigst) kritisieren!
Aber Darwin gehört natürlich auf jeden Lehrplan!
Worauf ich hinauswill: Viele Diskussionen könnte man sich sparen, wenn sich manche Menschen zuerst mit der Materie wenigstens etwas befassen und dann erst draufloskritisieren - anstatt von vornherein alles schlechtzumachen. (Und das gilt keinesfalls nur für solche Themen.)
So, das war's jetzt aber echt für heute! evtl. geh ich morgen noch auf ein paar Sachen ein, aber das Wichtigste ist erstmal gesagt.
MfG, knut-peter mit dem Hut mit der Feder![/i]